Sieben Prozent für Speisen müssen bleiben
Erfurt, 6. Juli 2023 / Das Gastgewerbe fordert von der Bundes- aber auch der Landespolitik Unterstützung für das Branchenanliegen Nummer 1 – der Beibehaltung der ermäßigten Mehrwertsteuer in der Gastronomie für Speisen.
Gestern wurde ein entsprechender Antrag:
„Sieben Prozent müssen bleiben – Thüringen für eine Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Speisen im Gastronomiegewerbe“
im Thüringer Landtag durch die CDU Fraktion eingebracht, der aber nicht die 2/3 Mehrheit erhielt, um dringlich behandelt zu werden. So wird er in der nächsten Landtagssitzung erst im September behandelt.
„Wir haben“, so Mark A. Kühnelt, Präsident des DEHOGA Thüringen „diesbezüglich Gespräche geführt und ein Statement der Landespolitiker für unsere Branche gefordert. Eigentlich erhielten wir Zustimmung – diese haben wir auf unserer Internetseite eingestellt. Wir danken allen Entscheidungsträgern für das aktive Einsetzen - aber gemeinsam muss es auch umgesetzt werden, also den Worten müssen Taten folgen und über die Bundesparteien im Rahmen der Haushaltsdebatte sowie im Bundesrat eine entsprechende Initiative starten oder unterstützen.“
Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Thüringen, dazu: „Das Stimmungsbild der gastgewerblichen Unternehmer in Thüringen hatte sich nach der Corona-Pandemie und allen damit in Verbindung stehenden Einschränkungen, sowie die extremen Preissteigerungen bei Energie und Waren und dem Fachkräftemangel, gerade etwas aufgehellt, da wird politisch darüber diskutiert, die Senkung der Mehrwertsteuer nicht zu entfristen oder zu verlängern. Dies führt in unserer so gebeutelten und von Schließung bedrohten Branche auf Unverständnis.“
Im Thüringer Gastgewerbe waren nach den Corona–Jahren 2020 und 2021 von den 4.869 Betrieben (im Jahr 2019), zu Beginn des Jahres 2022 noch 3.967 Betriebe geöffnet, d.h. die Gastbranche hat den Verlust von 902 gastgewerblichen Betrieben, welche geschlossen wurden, zu verzeichnen. Dies entspricht für den Freistaat Thüringen 18,53 Prozent der Betriebe.
In dieser Woche wurden die gastgewerblichen Unternehmen in Deutschland zur aktuellen Situation und insbesondere auch zum Thema Mehrwertsteuer befragt. In Thüringen haben über 250 Unternehmer an der Umfrage teilgenommen.
Auf die Frage nach den gegenwärtigen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise antworteten 56,8 Prozent mit Mitarbeitermangel, Platz zwei belegte der Investitionsstau mit 40,5 Prozent gefolgt von Tilgung von Krediten mit 35,7 Prozent.
Auf die Frage der Entwicklung der Preise und Kosten, bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent, antworteten die Thüringer Unternehmer eindeutig.
Um rund 15 Prozent müssten die Unternehmer im Thüringer Gastgewerbe ihre Preise erhöhen, wenn die Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 Prozent auf 19 Prozent erhöht würde.
Im Gegensatz dazu sagen aber fast zweidrittel der befragten Unternehmer, dass sie eine Preiserhöhung in dieser Größenordnung nicht an die Gäste weitergeben werden können, weil auch sie von der hohen Inflation betroffen sind und die Preissensibilität bereits jetzt schon spürbar ist.
„Es wäre ja nicht nur die Verteuerung für den Gast durch die Mehrwertsteuer, sondern auch die für uns extrem gestiegenen und weiter steigenden Einkaufspreise. Wenn aber die Kostensteigerungen nicht weitergegeben werden oder werden können, geht es zu Lasten des gegenwärtig schon sehr geringen Gewinns und wird in vielen Fällen zum Verlust und damit zu weiteren Betriebsaufgaben führen,“ so Kühnelt.
Sechs von zehn Unternehmern befürchten eine sinkende Nachfrage bei dann dringend notwendigen Preiserhöhungen. Ebenso befürchten 62,3 Prozent der Unternehmer das die Gäste bei höheren Preisen am Besuch der Gastronomie sparen werden.
Dies wiederum wird, so 67,5 Prozent der Unternehmer im Thüringer Gastgewerbe zu sinkenden Umsätzen führen.
„Leider wäre dies für unsere Branche ein sehr dramatisches Szenario und wir appellieren an alle politischen Entscheidungsträger, die Wertschätzung die von uns als Unternehmer gefordert und als Dienstleister gegeben wird, unserer Branche zu geben. Es ist auch eine Frage der Gleichbehandlung, da es wohl kaum einen steuerlich–sachlichen Unterschied zwischen den Lebensmitteln im Supermarkt und im Restaurant geben kann. In 23 EU Staaten (3 davon temporär) wird steuerlich kein Unterschied gemacht zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, der Lieferung von Essen, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant,“ so Ellinger abschließend.
Dazu Unternehmerstimmen aus der Umfrage:
„Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen war die effektivste Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie. Damit wurde zudem Wettbewerbsgleichheit zu Bäckereien und Fleischereien, die Mittagessen und dergleichen anbieten, hergestellt. Gaststätten sind soziale Treffpunkte und manchmal sogar "Sozialstationen", die den Zusammenhalt und den Austausch in der Gesellschaft fördern bzw. ermöglichen.“
„Viele gastronomische Einrichtungen kämpfen ums Überleben. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre kontraproduktiv und würde noch mehr Betriebsschließungen zur Folge haben. Anstatt über Anreize auch für junge Mitarbeiter nach zu denken, werden immer mehr Hürden aufgebaut. Die Gastronomie in Deutschland ist zum Scheitern verurteilt, geht man diesen Weg weiter.“
„Es liegt auf der Hand, dass die Gastronomie nach Corona und den damit verbundenen Aus- und Nachwirkungen, den stark gestiegenen Preisen für Energie und Waren wie Lebensmitteln, einen weiteren Kostenanstieg nicht ohne große Einbußen verkraften wird. Betriebsinhaber, Unternehmer in der Gastronomie werden verstärkt über die Zukunft ihres Betriebes nachdenken und die Wirtschaftlichkeit auf den Prüfstand stellen. Entscheidungen gegen das weiterführen des Betriebs werden sicherlich auch gefällt werden und gefällt werden müssen. Der Besuch einer Speisegaststätte oder eines Restaurants wird zunehmend zu einem Luxus, den man sich vielleicht nur noch im Urlaub und bestenfalls im Ausland leisten will oder kann.“